Mittwoch, 25. Juni 2014

Die naturheilkundliche Reiseapotheke

Tierheilpraktikerin Gabriele Hoffmann / Text / Foto
Bei der Zusammenstellung der Reiseapotheke sollte an
Mensch und Tier gleichermaßen gedacht werden.

Sommerzeit ist Reisezeit. Der Hund kommt selbstverständlich mit. Um ihn im Notfall und bei Verletzungen schnell und richtig versorgen zu können, sollte sich eine kleine Reiseapotheke
im Gepäck befinden. Enthalten sollte die auf den Hund abgestimmte Reiseapotheke einige Notfallmittel zur Erstversorgung. Bei Ausflügen oder Urlaubreisen sollten außerdem generell diese Dinge ins Gepäck:
Zeckenhaken oder Zeckenpinzette,
Fieberthermometer,
Einmalhandschuhe,
Taschenlampe und
Pinzette (falls Fremdkörper
entfernt werden müssen).
Eine scharfe Fellschere und gute Krallenzange
sollten ebenfalls mit an Bord sein. Auch sind gut sitzende Pfotenschuhe von größtem Wert, weil man diese nicht überall zu kaufen bekommt.
Bei Auslandsaufenthalten ist ein gültiger Impfpass mitzuführen. Erkundigen sollten wir uns rechtzeitig vor Reiseantritt bei der jeweiligen Botschaft des Landes nach den geltenden Einreisebestimmungen für Hunde.
Mitzunehmen sind  ferner individuelle Medikamente, sofern chronische Erkrankungen vorliegen.
Als Tierheilpraktikerin möchte ich zusätzlich für die Notfall- und Reiseapotheke ein paar Mittel vorstellen, die aus meiner Sicht mit ins Gepäck gehören.
Doch vorab ein paar wichtige Worte zur Selbstbehandlung: Wenn ihr Hund regelmäßig Medikamente bekommt oder in klassischer homöopathischer Behandlung steht, dann klären Sie bitte vorab mit ihrem Tierheilpraktiker oder Tierarzt, ob und wie Sie homöopathische Mittel bei ihrem Tier im Notfall einsetzen können! Nicht jedes homöopathische Mittel passt zu jedem anderen, manche können sich in ihrer Wirkung stören bzw. untereinander in der Wirkung aufheben. Weiterhin können Kräuter (die z. B. im Futter enthalten sind) die homöopathische Wirkung verschiedener Mittel aufheben. Ebenso sollten Sie mit Ihrem Tierheilpraktiker oder Tierarzt klären, wie oft und in welcher Potenz das Mittel bei ihrem Hund gegeben werden sollte.
In jedem Fall sollten Sie sofort einen Tierarzt aufsuchen: z. B. bei Schockzuständen, bei raschem Vitalitätsverlust, wenn das Tier nicht mehr ansprechbar ist, bei Schlangenbissen, bei längeren Blutungen, die sich nicht stoppen lassen, sowie bei Entzündungen, die nicht nach kurzer Zeit abklingen während ihrer Selbstbehandlung.

Reinigen von Wunden

Kochsalzlösung 0,1 % oder auch kolloidales Silberwasser 25 ppm können als Versorgung von Hautwunden oder Schnittwunden eingesetzt werden, um die Wunden zu reinigen. Entfernen Sie falls erforderlich Fremdkörper (Stachel, Dornen, Splitter, ...) und spülen Sie den Bereich gründlich sauber. Je nach Wundgeschehen können zusätzlich zum Einsatz kommen:
Schüssler-Salze Nr. 3 und Nr. 4 in der Potenz D 6 oder D 12: Wenn die Wunde frisch ist und eine deutliche Rötung und/oder anfängliche Schwellung/Hitze zu bemerken ist (erstes Entzündungsstadium) kann die Nr. 3 zunächst alle halbe Stunde gegeben werden. Die Entzündung sollte sich unter Gabe dieses Salzes sichtbar verringern nach einigen Stunden. Danach können Sie Nr. 4 folgen lassen, wenn die Rötung nachlässt. Bei beginnenden „hotspots“ können diese beiden Salze ebenfalls eingesetzt werden.
Calendula officinalis (Ringelblume) als Urtinktur im Verhältnis 1:5 als Umschlag: Bei klaffenden Wunden die schmerzhaft sind und wund aussehen. Es baut die Entzündung ab und fördert die Bildung von Granulationsgewebe. Diese Umschläge können begleitend mehrmals täglich für ca. 10 Minuten aufgelegt werden. Einsetzbar auch bei beginnenden hotspots. Wenn sich die Entzündungen nicht beruhigen lassen, dann besuchen Sie bitte einen Tierheilpraktiker oder Tierarzt.

Verstauchungen, Prellungen, Verletzungen

Jede Art von Unfall, Sturz, Prellung bringt auch ein innerliches Trauma mit sich. Dabei könnten diese Mittel eingesetzt werden:
  Bachblüten-Notfalltropfen/Rescue Remedy: Nach dem Unfall-Schreck sofort vier Tropfen direkt ins Maul geben. Sie können zunächst alle paar Minuten gegeben werden, bis sich das Tier wieder beruhigt hat. Dieses Mittel gibt es auch als Salbe. An haarlosen Stellen lässt sich die Rescue-Salbe ergänzend zu anderen Behandlungen gut einsetzen.
Arnica montana (Echte Arnika): Eignet sich besonders gut bei Verletzungen der Weichteile, bei Verrenkungen oder Quetschungen. In einer höheren Potenz einmalig gegeben kann es auch auf das innere Trauma wirken.
Rhus toxicodendron (Eichenblättriger Giftsumach): Wenn Stunden nach dem Unfall eine gewisse Ruhelosigkeit das Tier seinen Liegeplatz häufiger wechseln lässt und „es sich einlaufen muss“, weil Muskel- oder Knochenschmerzen ein Zerschlagenheitsgefühl aufkommen lassen.
Retterspitz animal: Es kann wie auf der Flasche angegeben als Umschlag eingesetzt werden. Dabei werden die enthaltenen ätherischen Öle allmählich durch die Körpertemperatur freigesetzt und entwickeln ihre Wirkung.
Yunnan Baiyao-Pulver: Eine chinesische Rezeptur, die das Qi vitalisiert. Auf Deutsch: Bei Verletzungen kommt es auch lokal zu einem Schockgeschehen, wodurch sich Rötung, Schwellung, Hitze, Schmerz und Funktionsverlust als Entzündungszeichen bemerkbar machen. Das Pulver kann aufgetragen werden bei Stichen und Prellungen, wenn sich das Gebiet warm/heiß anfühlt und verdickt ist (auch bei Blutergüssen sehr hilfreich). Oft reicht eine Behandlung, wenn sie zeitnah genug ausgeführt werden kann. Hilft auch gut bei dicken Zeckenbiss-Stellen. Bitte nicht auf offene Haut auftragen, es brennt! 


Durchfälle

Durchfälle können durch Viren oder Bakterien ausgelöst werden oder „osmotisch bedingt sein“, d.h. eine zu große Wasseraufnahme auf einmal ist die Ursache. Grundsätzlich sollte der Hund bei Durchfällen mindestens gerne 24 Stunden fasten, wenn man Erreger als Ursache vermutet. So werden die im Magen-Darmtrakt befindlichen Schadstoffe ausgehungert und ausgeschieden und somit der Organismus entlastet. Frisches Trinkwasser sollte stets zur Verfügung stehen und auch aufgenommen werden. 
Als weitere Maßnahme kann die „Morosche Möhrensuppe“ helfen, Erreger zu binden und den Magen-Darm-Trakt zu entlasten: Sie kochen 500 g geschälte Möhren in einem Liter Wasser für eine Stunde. Dann pürieren Sie die Möhren. Diese Menge wird auf ein Liter mit Wasser aufgefüllt und 3 g Kochsalz (ein knapper Teelöffel) zugefügt. Davon geben Sie dem Hund nach der Fastenzeit mehrmals kleine Mengen als erste Mahlzeiten. Wird dies vertragen, kann die Fütterung mit Schonkost wieder begonnen werden. Hierbei eignet sich gekochtes Huhn mit Kartoffeln (kein Reis, weil der noch zusätzlich entwässernd wirkt). Wenn sich die Durchfälle nicht bessern, sollte auf jeden Fall ein Tierheilpraktiker oder Tierarzt aufgesucht werden. 
Falls jedoch Durchfälle entstehen, die aufgrund von zu viel Wasseraufnahme beim Baden in Salzwasser oder großen Seen auftreten, muss nicht zwingend eingegriffen werden, es sei denn, das Tier zeigt Schwäche aufgrund es hohen Flüssigkeitsverlustes und der damit verbundenen Elektrolytverschiebung. In solchen Fällen könnten Sie das Tier mit Elektrolytlösungen unterstützen.
Okoubaka ist angezeigt: Wenn das Tier etwas Unbekanntes gefressen hat und danach Durchfälle entwickelt. Das Tier zeigt sich schwach und schläft viel, ist reizbar und hat Blähungen. Der Kotabsatz ist dünn, hell und scharf riechend.
Arsenicum album wird gegeben: Wenn die Durchfälle nachts mit Ruhelosigkeit auftreten (nach 1 Uhr) und sehr schwächen. Der Kot ist dunkel, kann blutig sein und ist sehr übelriechend.
Grüne Mineralerde/Heilerde oder Zeolith: Zum Entlasten des Magen-Darm-Traktes und zum Ausleiten von Schadstoffen bieten sich diese Mittel für einige Tage an als Beigabe ins Futter.

Überhitzung/Sonnenstich

Wenn der Hund zu lange in der Sonne gelegen hat oder sich anderweitig überhitzt hat, sollten Sie ihn sofort aus der Sonne in den Schatten holen. Mit feuchten Tüchern kann vorsichtig der Körper gekühlt werden. Überprüfen Sie auf jeden Fall die Schleimhäute! Diese sind gut sichtbar am Zahnfleisch des Oberkiefers. Der kFZ-Wert (Kapillare Füllungs-Zeit = gibt einen Hinweis auf die Kreislaufsituation) sollte um eine Sekunde liegen. Wenn Sie also auf die Schleimhäute leichten Fingerdruck ausüben, sollte die dadurch entstandene blasse Stelle in dieser Zeit wieder durchblutet werden. Falls diese Stelle erst nach etwa drei Sekunden wieder durchblutet ist und das Tier andere Schocksymptome zeigt (wenig ansprechbar, schwach, ...) verlieren Sie bitte keine Zeit, sondern fahren sofort zum Tierarzt! Diese Symptome in Kombination mit weiteren können ein Schockgeschehen anzeigen!

Schock erkennen und behandeln

Auch die Naturheilkunde hat ihre Grenzen! Schockbehandlungen gehören auf jeden Fall in die Hände eines Tierarztes oder einer Tierklinik und gehören zu den NOTFÄLLEN!
Die folgenden Symptome können bei einem Schockgeschehen unterschiedlich stark ausgeprägt sein und einzeln oder in Kombination auftreten:
Erkennen eines Schocks:

Der Hund wirkt apathisch bis zur Bewusstlosigkeit.
Er macht einen geschwächten Eindruck
.
Es können unsichere Bewegungen, taumelnder Gang bis zum Zusammenbruch auftreten
.
Das Tier kann zittern, als ob es friert
Pfoten, Ohren und Rutenende können sich kühl/kalt anfühlen
.
Die Schleimhäute können blass sein (kFZ –Wert über zwei bis drei Sekunden)
.
Der Herzschlag/Puls ist beschleunigt (Normalwerte bei mittelgroßen Rassen: 80 – 120 Schläge pro Minute, bei jungen Hunden auch höher).
Die Atmung kann flach und schnell sein (Normalwerte sind 10 bis 40 Atemzüge pro
Minute – Abweichungen je nach Alter und Rasse sind möglich).
Ursachen eines Schocks (Beispiele):
Hitzschlag
Verbrennungen
Vergiftungen
Beisserei

Verletzungen nach Unfall (mit Blutverlust)

Nach Insektenstichen mit allergischer Reaktion (anaphylaktischer Schock)
Auf der Fahrt zum Tierarzt sollten Sie die Vitalwerte (Puls, KFZ, Atmung) weiter überprüfen, denn der Zustand des Tieres könnte sich verschlechtern. Fahren Sie nach Möglichkeit zu zweit, damit eine Person das Tier weiterhin beobachten kann.

Ein paar Worte zum Schluss

Alle hier genannten Maßnahmen zur Selbsthilfe ersetzen nicht die fachkundigen Blicke eines Tierarztes oder Tierheilpraktikers und sind nur nach eigenem Ermessen und mit Bedacht einzusetzen. Klären Sie auf jeden Fall vorab mit ihrem behandelnden Tierarzt oder Tierheilpraktiker den Einsatz dieser Mittel bei ihrem Tier ab und suchen Sie Hilfe auf, wenn Sie sich unsicher sind. Gerade der
Einsatz von homöopathischen Mitteln erfordert fachkundiges Wissen und sollte nur unter Vorsicht für kurze Zeit erfolgen. Wenn keine Besserung eintritt, dann ist das Mittel nicht das Passende. Überlassen Sie in solchen Fällen die Mittelfindung einem darin ausgebildeten Tierheilpraktiker oder Tierarzt!
Diese Informationen sind für erste Maßnahmen anwendbar und vertretbar, jedoch nicht als Allheilmittel gedacht und sollen als Überblick dazu dienen, was im aufkommenden Erkrankungsfall zunächst möglich ist.
Für jede ihrer kommenden Freizeitaktivitäten wünsche ich Ihnen und ihren Vierbeinern eine gesunde und beschwerdefreie Zeit!