... am Tag 1 nach dem grausamen Attentat auf die satirische Wochenzeitung "Charlie Hebdo": Obwohl die kreativen Köpfe der Zeitung ermordet worden sind, wollen die überlebenden Blattmacher auch am nächsten Mittwoch wieder eine neue Ausgabe publizieren. Das dürfte nicht nur ganz im Sinn der getöteten Kollegen sein, sondern es ist auch die klare Botschaft, dass sich kritische Journalisten nicht einschüchtern lassen (dürfen). "Wir haben Charlie Hebdo getötet", soll einer der Attentäter gerufen haben. Nein, sie haben "Charlie Hebdo" zwar schwer verwundet, aber die Zeitung zu töten, das ist ihnen offenbar doch nicht gelungen.
Die Entscheidung der wenigen Redakteure und Zeichner, die überlebt haben, trotz des für sie traumatischen Ereignisses weiter zu machen, ist bewundernswert. Jeder hätte wahrscheinlich Verständnis dafür gehabt, wenn sie aufgegeben hätten, zumal es es schon der zweite Anschlag auf die Redaktion war.
Mehr Mut möchte man manchmal auch den Medien hier in Deutschland wünschen. Einige deutsche Zeitungen haben heute zum Gedenken der Opfer des Attentats Galerien mit den mutigsten Titelseiten von "Charlie Hebdo" veröffentlicht. Die meisten dieser Zeitungen hätten es sich zuvor wahrscheinlich nie getraut, solche Karikaturen zu veröffentlichen, denn man wusste ja spätestens nach der Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen am 30. September 2005 in der dänischen Tageszeitung Jyllands-Posten, was das in der islamischen Welt für einen Ärger auslösen kann.
Das Attentat auf "Charlie Hebdo" war zweifellos ein Angriff auf die Pressefreiheit in ganz Europa, und die Berichterstattung darüber ging mit Appellen einher, die Pressefreiheit mutig zu verteidigen.
Hoffentlich bleiben diese Appelle nachhaltig wirksam!
Die Pressefreiheit ist auch hier bei uns in Deutschland bedroht. Die größte Gefahr geht allerdings nicht von potenziellen Attentätern aus, sondern von den Journalisten selbst. Teils aus Bequemlichkeit, teils aus finanziellen Gründen – man will ja schließlich keine Werbekunden vergraulen –, wird die Unabhängigkeit der Medien immer weiter aufgegeben. Kritische Journalisten sind in den Medienhäusern zunehmend unerwünscht, Redakteure werden durch Inhaltsverwalter ("Content Manager" klingt natürlich eleganter) ersetzt, und die zeit- und kostenintensive investigative Recherche wird billiger Gefälligkeitsberichterstattung geopfert.
Calluna ist eine Vierteljahreszeitschrift mit einer speziellen thematischen Ausrichtung und kein tagesaktuelles Medium. Thematische Schwerpunkte sind nicht Politik und Wirtschaft, sondern Natur und Kultur. Das allerdings hindert uns nicht daran, uns mit den Blattmachern von "Charlie Hebdo" zu solidarisieren und entschieden für journalistische Unabhängigkeit einzutreten. Das wird hoffentlich auch in unseren Leitlinien deutlich.
Aus aktuellem Anlass verzichten wir heute ausnahmsweise auf unsere Veranstaltungstipps zum Wochenende und empfehlen stattdessen die Teilnahme an der Demonstration und Kundgebung am Montag, 19. Januar, in Braunschweig. Das Bündnis gegen Rechts Braunschweig hat unter dem Motto "Nein zu Rassismus! Nein zu PEGIDA!" aufgerufen, gegen Rassismus, Nationalismus und Hetze gegen Flüchtlinge zu demonstrieren. Der Demonstrationszug bewegt sich von 16:30 Uhr an vom Kohlmarkt zum Schlossplatz. Dort findet von 17:30 Uhr an eine Kundgebung mit Redebeiträgen und Kulturprogramm statt. Die Proteste richten sich gegen eine von dem Braunschweiger PEGIDA-Ableger "BRAGIDA" angemeldeten Versammlung. Diese soll am um 18:30 Uhr am Schlossplatz beginnen. Die PEGIDA-Anhänger wollen von dort mit Fackeln durch die Innenstadt ziehen.
Nach dem Attentat, das – wie nicht anders zu erwarten – von den PEGIDA-Anhängern als Rechtfertigung für ihren Fremdenhass missbraucht wird, ist es jetzt umso wichtiger, ein deutliches Zeichen zu setzen dafür, dass die Mehrheit der Deutschen keinesfalls fremdenfeindlich ist.