Als die kalte Jahreszeit noch zuverlässig mit Eis und Schnee daherkam – Sammlung im Museumsdorf Hösseringen gibt Einblicke
Aus dem Klassenzimmer hinaus in den Schnee: Schulklasse mit Schlitten. Foto: Sammlung Bohlsen |
Eine ganze Sammlung von Schlittschuhen hat Marten Thomsen auf den großen Holztisch im Magazin des Museumsdorfes Hösseringen ausgebreitet. Vorsichtig hebt der Dokumentar ein paar hölzerne Sohlen und weist auf einen Dorn am hinteren Ende. „Dieser wurde in die Schuhsohle gedrückt, so dass der Schuh nicht verrutschen konnte. Mit Lederriemen wurde er zusätzlich festgebunden und dann konnte es losgehen.“ Marten Thomsen hat auch gleich einen alten Lederschuh bei der Hand, mit dem er die Handhabung vorführt. Die Metallkufen der Schlittschuhe sind von einer Rostschicht überzogen – kein Wunder, denn sie wurden schon seit Jahren nicht mehr getragen. Sie stammen aus der Sammlung von Axel Beeker in Uelzen und wurden dem Museumsdorf vor einigen Jahren übergeben. Nun ist es Zeit, die Sammlung einmal durchzusehen und die Stücke zu reinigen. Sie sind Zeugnisse vom winterlichen Vergnügen oder auch dem einfach nur dem Umgang mit der kalten Jahreszeit in der Lüneburger Heide zu Zeiten, als Eis und Schnee noch zuverlässig jedes Jahr zum Winter gehörten.
Marten Thomsen zeigt ein Paar alter Schlittschuhe mit hölzernen Sohlen. |
„Schlittschuhe mit hölzernen Sohlen waren mindestens seit dem 19. Jahrhundert hier in der Gegend in Gebrauch, vermutlich auch schon früher“, weiß der Sammlungsleiter des Museumsdorfes und greift nach einem Paar, das bereits ganz aus Metall besteht. Es stammt aus den 1930er-Jahren und wuchs mit dem Eigentümer mit. „Hier kann man mit einem Schlüssel die Größe verstellen.“ Wobei von „Schlittschuhen“ eigentlich noch gar keine Rede sein kann, denn es handelt sich um einfache Kufen, die unter das Schuhwerk geschnallt wurden. In diesem Fall muss es allerdings wenig Gelegenheit dazu gegeben haben, denn die Kufen sind noch ungeschliffen, wurden also wohl noch kein einziges Mal benutzt, ebenso wie das Paar „Hudora Schlittschuhe“, das sogar mitsamt der Originalverpackung ins Museum gegeben wurde. „Dieses Paar haben wir 1995 von einer Familie aus Suderburg erhalten“, so Thomsen, der die Beschäftigung mit den winterlichen Exponaten zum Anlass nimmt, sich ein wenig mit den alten Gebräuchen der Region zu beschäftigen. Viel gebe die Quellenlage nicht her, meint er. Heimatforscher Eduard Kück beschreibt in seinem 1906 erschienenen „Bauernleben der Lüneburger Heide“ als Wintervergnügen der Kinder lediglich das „Glittschen“, also Rutschen oder Schlittern, das Schneeballwerfen und Schlittenfahren. Auch dazu hat das Museumsdorf einige schöne Stücke zu bieten, zum Beispiel einen liebevoll gebauten Kinderschlitten, der dem Museum 2015 gespendet wurde. Und wie der hölzerne Kinderschlitten, der fast wie ein gemütlicher Sessel gearbeitet ist, wohl gezogen wurde? „Weite Strecken legte man damit wohl nicht zurück, hierfür wurden größere von Pferden gezogene Kutschenschlitten verwendet“, weiß Marten Thomsen und zieht ein Paar dicker Kutscherstiefel hervor, die mit ihren hölzernen Sohlen und dem dicken Futter davon erzählen, dass es auf längeren Fahrten schon ungemütlich kalt auf dem Kutschbock werden konnte.
Die Schlittschuhe wurden unter solche halbhohen Schnürstiefel geschnallt. |
Skier wurden übrigens früher gerne aus Fassdauben gebaut und mit Lederriemen an den Schuhen befestigt. Die Stöcker holte man einfach aus dem nächsten Gehölz. Solche Exemplare sind nicht in der Museumssammlung, wohl, weil sie ganz einfach nicht aufgehoben worden sind, wohl aber ein Paar hölzerne Skier mit Bambusstöcken. Diese stammen aus Bad Bevensen und wurden dem Museum 1999 übergeben. Angesichts er milden Winter der vergangenen Jahre werden Zuwächse aus jüngerer Zeit in der winterlichen Sammlung des Museumsdorfes wohl kaum zu erwarten sein. Und so sind die Sammlungsstücke nicht nur Zeugnisse früherer Lebensumstände, sondern auch von klimatischen Veränderungen, die sich auf das Leben in unserer Region auswirken.