Freitag, 28. August 2020

Mit Dampfkraft in die Moderne

 Lokomobile im Museumsdorf Hösseringen wird repariert

Schlosser Michael Sehl repariert sonst Diesellokomotiven, schraubt aber auch gerne mal an Oldtimern.
Fotos: Christine Kohnke-Löbert

Gespannt blicken die drei Männer auf den runden Druckmesser, der an prominenter Stelle ganz vorn an der Lokomobile angebracht ist. Dann wandern ihre Blicke auf das Ventil. „Wir haben jetzt fünf Bar“, ruft Bernd Müller. Es zischt und dampft – und an mehreren Stellen tropft Wasser aus der Maschine. Bernd Müller schüttelt den Kopf. „Das darf nicht sein, wenn wir die Lokomobile an unseren Aktionstagen in Einsatz bringen möchten.“ Schon seit einigen Wochen sind Bernd Müller, Horst Meister und Ulrich Weißhaupt, ehrenamtliche Mitarbeiter des Museumsdorfes, mit der Reparatur der historischen Dampflokomobile beschäftigt. Nun haben sie sich fachliche Beratung geholt: Michael Sehl von der OHE in Celle. Der Schlosser repariert an seinen „normalen“ Arbeitstagen Diesellokomotiven und Schienenfahrzeuge. Nun soll er bei der Vorbereitung der Lokomobile für den TÜV helfen. „Ich habe schon als Azubi Dampfmaschinen repariert“, erzählt er. Und weil er auch privat gerne an historischen Motoren schraubt, kann er in Sachen Lokomobile wertvolle Tipps geben. „Wir haben an verschiedenen Stellen Undichtigkeiten und diese müssen in Ordnung gebracht werden. Wenn die Maschine im Einsatz ist, muss sie 10 Bar halten“, fasst er zusammen.

Bernd Müller beobachtet gespannt den Druckmesser der Lokomobile.

Während der Museumssaison ist die Lokomobile meist mehrmals im Einsatz, Besucherinnen und Besucher werden sie insbesondere vom Antrieb der Dreschmaschine beim Erntedankfest in Erinnerung haben. „Sie ist auch ein Dokument für die Veränderungen in der Landwirtschaft im Zuge der Industrialisierung seit dem Ende des 19. Jahrhunderts“, weiß Bernd Müller. Bereits im Jahr 1895 wurden im Regierungsbezirk Lüneburg 3496 Dampfmaschinen zum Dreschen eingesetzt. 1907 waren es schon 8644 und nur noch ein Drittel des Korns wurde auf althergebrachte Weise gedroschen. Die Hösseringer Lokomobile hat eine wechselvolle Geschichte: Im Jahr 1892 war sie von dem Kleinlandwirt Wilhelm Endeward aus Stadensen angeschafft worden. Er wollte als „Lohndrescher“ in der Region arbeiten – und hatte damit Erfolg. Die Nachfrage war so groß, dass er kurze Zeit später noch eine zweite „Dreschgarnitur“ anschaffte und zusätzlich saisonunabhängig eine Mühle und eine Säge betrieb. Das Unternehmen siedelte er nach Nettelkamp über. Hier in Nettelkamp wurde die 1913 von der Firma Lanz in Mannheim hergestellte Lokomobile letztmalig im Jahr 1929 eingesetzt. Danach wurde sie nach Brasilien verkauft und dort und in Paraguay in einem Sägewerk am Rande des Urwaldes eingesetzt. 1987 kam sie zurück nach Deutschland, zunächst nach München. Schließlich erwarb das Museumsdorf Hösseringen die gewaltige Maschine und ließ sie TÜV-fertig herrichten. Das ist nun schon wieder rund 30 Jahre her, kein Wunder, dass nun eine Generalüberholung fällig ist. „Wir hoffen, dass wir die Lokomobile bald wieder vorführen können“, sagt Bernd Müller, der die Maschine gemeinsam mit Horst Meister seit vielen Jahren betreut und 2002 sogar extra den Heizerschein gemacht hat. 

Der Oldtimer im Museumsdorf wird repariert und für den TÜV vorbereitet.

Mittwoch, 19. August 2020

Wunderbaum und Zauberwald

Märchenspaziergang im Arboretum Melzingen

Endlich kann in diesem so außergewöhnlichen Jahr wieder ein Märchenspaziergang im Arboretum Melzingen stattfinden. Am Sonnabend, 22. August, führt Petra Kallen von ab 16 Uhr an Gäste durch den Garten der Bäume der Christa von Winning und erzählt an dessen verwunschenen Orten Märchen aus längst vergangenen Zeiten. Schon seit 20 Jahren ist sie als Erzählerin im Wendland und Umgebung unterwegs und begeistert ihre Zuhörer*innen mit Märchen und manchmal auch mit Harfenklängen. Selbst leidenschaftliche Gärtnerin, erzählt sie am liebsten in der Natur, unter dem Blätterdach Schatten spendender Bäume, auf sonnigen Lichtungen und zwischen duftenden Blumen. Ihre Geschichten handeln von Baumgeistern und Waldfeen, von Zauberfrüchten und Himmelsleitern, von einer Zeit als Mensch und Natur noch innig verbunden waren.

Petra Kallen lädt zu einem Märchenspaziergang in den Garten der Bäume ein. Foto: privat

Der Eintritt beträgt 10 Euro für Erwachsene, Kinder zahlen die Hälfte (kein Vorverkauf).

Dienstag, 18. August 2020

Richtkranz krönt den Schafstall

 „Gesegnet sei das neue Haus und die da gehen ein und aus.“ Mit einem Spruch und dem traditionellen Zerbrechen eines Schnapsglases – nachdem dieses auf das Wohl der fleißigen Helfer geleert wurde – erklärte Zimmermann Matthias Kiemann mit seinen Mitarbeitern Aryan Otremba und Jonathan Ziemer aus Steinhorst den Rohbau des Schafstalles in der Ellerndorfer Wacholderheide als gerichtet. Nach langem organisatorischen Vorlauf war es mit dem Aufbau zügig vorangegangen, und nur wenige Wochen nach Baubeginn konnte die bunte Richtkrone aus blühender Besenheide auf das Dachgerüst gesetzt werden. „Ich danke unserem Auftraggeber, dem Verein zur Erhaltung der Ellerndorfer Wacholderheide, den Werdegang dieses Gebäudes begleiten dürfen. Denn es ist nicht alltäglich, ein altes Gebäude translozieren zu können“, so Kiemann. 

Coronabedingt in kleinem Kreis wurde das Richtfest in der Ellendorfer Wacholderheide gefeiert.
  Fotos: Christine Kohnke-Löbert

Bereits im Jahr 2017 hatte sich der Verein auf Anregung von Dr. Horst Löbert von der Interessengemeinschaft Bauernhaus dazu entschlossen, das „Projekt Schafstall“ in Angriff zu nehmen. „Drei Jahre Vorbereitung gingen ins Land, aber nun ist eine große Etappe auf den Weg gebracht“, so der Vorsitzende des Ellerndorf-Vereins, Götz Schimmack. „Wir sind dankbar, dass auf diese Weise ein heimattypisches Bauwerk erhalten bleiben kann.“

Außenschafställe wie der im Aufbau befindliche waren früher in der Lüneburger Heide so verbreitet, dass sie noch heute als identitätsstiftend gelten und touristisch vermarktet werden. Auch der Tourismusverein des Suderburger Landes trägt den Schafstall in seinem Logo. Mit dem Ende der Heidebauernwirtschaft vor etwa 150 Jahren nahm die Schafhaltung stark ab und die Schafställe verschwanden nach und nach aus dem Landschaftsbild. Der nun translozierte (versetzte) Stall stammt aus der Gemarkung Linden. Ein Spruchbalken über dem Tor zeigt das Baujahr 1756 und die Initialen seiner Erbauer. „Das ist ungewöhnlich für einen Schafstall“, so Löbert, der ein wenig aus deren Familiengeschichte plauderte. 

Das Richtfest fand wegen der Corona-Pandemie in kleinem Kreis statt. „Wir möchten an diesem Tag allen danken, die uns unterstützen. Ohne die vielen ehrenamtlichen Helfer wäre ein solches Projekt nicht umzusetzen“, so Schimmack. 

Montag, 17. August 2020

Daller Werkstätten eröffnen Online-Shop

Der Online-Handel wächst weiter und bekam durch die Coronakrise einen zusätzlichen Schub. Die Werk- und Lebensgemeinschaft Dalle, Wohn- und Arbeitsstätte für Menschen mit Behinderungen, hat auf diese Entwicklung reagiert und jetzt einen neuen Online-Shop in Betrieb genommen, der unter der Adresse www.shop-dalle.de  zu erreichen ist.

Die handgefertigten Produkte aus der Weberei und den anderen Werkstätten der WLG Dalle sind jetzt auch direkt im neuen Online-Shop der Einrichtung bestellbar. Foto: WLG Dalle

Die Nachricht, dass ein komplett neuer Onlineshop für die Daller Produkte entsteht, sorgte für freudige Aufregung in Dalle.  „Sind wir dann wie Amazon?“ fragte eine Bewohnerin. „Nicht ganz, aber es macht Spaß, als kleiner Betrieb große Pläne zu haben!“ sagt Daniel Bleß, Geschäftsführer der WLG Dalle, mit einem Lächeln. „Uns interessiert auch die Frage: Was wäre, wenn wir überregional langfristig Erfolg haben? Dies würde uns die Möglichkeit eröffnen, den Betreuten ein neues Beschäftigungsfeld anbieten zu können. Die Produkte zu verpacken und versandfertig machen, wäre eine Bereicherung der Angebote für Menschen mit Behinderung in Dalle. Hier wäre auch Kreativität gefragt. Möglich wäre zum Beispiel eine persönlich gestaltete Grußkarte in jedem Paket.“ 

Der neue Online-Shop soll das Offline-Angebot der WLG Dalle jetzt noch besser ergänzen. Auf das neu gestaltete Design, und auf den optimierten Bestellvorgang ist die WLG Dalle besonders stolz, vor allem da viele eigene Ideen und Arbeit darin stecken. Es sollen auch Kunden angesprochen werden, die keinen der Märkte oder die Werkstattläden besuchen können.

Das Besondere an dem nachhaltigen Shop-Konzept ist, dass zu 98 Prozent gebrauchte Versandmaterialien verwendet werden. Geölt wird in der Tischlerei mit kinderspielzeuggeeigneten Naturölen, und die Garne der Weberei sind Naturgarne. 
Ein besonderes Highlight ist das selbst gesponnene Garn aus Heidschnuckenwolle aus der Region! 
Auch werden die Werkstätten mit 100 Prozent Ökostrom betrieben. 

Dienstag, 11. August 2020

Neuzugang im Handwerksmuseum

 Alte Buchdruckmaschine aus Uelzen zieht nach Suhlendorf um

Am 1. August 1926 gründete der Buchdruckermeister Hermann Meyer in Uelzen in der Rademacherstraße 9 eine Druckerei. Am 10. Februar 1995 sah sich Enkel Folkert Frels als Betreiber der Druckerei in dritter Generation gezwungen, den Handwerksbetrieb aufzugeben. Die kleine Druckerei war, wie so viele andere, von der technischen Entwicklung überholt worden. „Jeder hatte seinen eigenen Drucker auf dem Schreibtisch und brauchte nicht mehr den Drucker nebenan“, erinnert er sich mit Wehmut an den Tag der Betriebsaufgabe. Nun, ein Vierteljahrhundert später, zeichnet sich ab, dass es für eine der einst vier Heidelberger Buchdrucktiegel im Betrieb eine Zukunft geben wird. 

Die unter Druckern "Windmühle" genannte Druckmaschine. Auf der Plakette "110 Jahre Heidelberger Druckmaschinen" (rechts im Bild) ist "Gott gruss' die Kunst" zu lesen – so grüßten sich die Buchdrucker.
  Foto: Folkert Frels 

Unter den 24 Werk- und Arbeitsstätten auf dem Gelände des Handwerksmuseums Suhlendorf, in denen zahlreiche Handwerksberufe und ihre Entwicklung in den vergangenen hundert Jahren gezeigt und dokumentiert werden, befindet sich seit einiger Zeit auch eine Buchdruckerwerkstatt. Diese erhält nun von Folkert Frels den einen aus Nostalgie-Gründen behaltenen Heidelberger Tiegel, der irgendwann um 1963/64 als Neuteil in der Druckerei Meyer aufgestellt worden war, als Dauer-Leihgabe. Dazu ein komplettes, mit Schriften in unterschiedlichen Größen gefülltes Schriftregal und eine Papier-Schneidemaschine. 

Das Farbwerk der alten Druckmaschine. Foto: Folkert Frels

Das Museum wurde 1974 gegründet mit dem Schwerpunkt „Mühlenhandwerk“. So ganz weit weg ist der Bezug zu den Mühlen nicht – verdankt der Original Heidelberger Tiegel (OHT) seinen propellerförmigen Greifern doch den Spitznamen „Windmühle“. 1921 ging der Tiegel bei der damaligen Schnellpressenfabrik AG Heidelberg in Serie, wurde ab 1926 am Fließband gefertigt. Keine andere Druckmaschine hat den industriellen Buchdruck des 20. Jahrhunderts so geprägt wie dieser Tiegeldruckautomat. Ein besonderes Merkmal der Maschine ist das charakteristische Schnaufen der pneumatischen Sauger, mit denen der Bogen im Anleger angehoben wird, an die windmühlenartigen Greifer übergeben und nach dem Druckvorgang wieder abgelegt wird. Interessierte Besucherinnen und Besucher werden nach dem Wieder-Aufbau der Maschinen im Handwerksmuseum den Drucker Norbert Knoblauch daran arbeiten sehen können. Derzeit allerdings ist er noch damit beschäftigt, zusammen mit Sven Frels, dem Urenkel des einstigen Druckereigründers, den Tiegel und die Schneidemaschine zu zerlegen und für den Transport aufzubereiten.

Druckmaschine
Am Zerlegen der Druckmaschine für den Transport ins Handwerksmuseum beteiligten sich (von links): Norbert Knoblauch, Klaus Friedrich, Tiedeke Heilmann und (hockend) Sven Frels. Foto: Folkert Frels

Mit Folkert Frels, dem daran gelegen ist, die Tradition des Buchdrucks zu bewahren, freut sich Tiedeke Heilmann vom Museumsverein Suhlendorf darüber, dass das Handwerksmuseum mit dem rund 55 Jahre alten Buchdrucktiegel demnächst einen weiteren Anziehungspunkt haben wird – auch wenn diese Maschine vom Alter her nicht mit der über 200 Jahre alten Bockwindmühle "Auguste" mithalten kann, die, für ihr Alter erstaunlich munter, nach wie vor Korn zu Mehl verarbeitet. 

Montag, 10. August 2020

Kultur auf Rädern

Mit Chanson, Märchen und Tanz: Künstler machen auf dem Weg von München nach Sylt Station in Müden an der Örtze 

Not macht erfinderisch: Wenn das Publikum aufgrund der Coronavirus-Pandemie nicht – oder nur mit Beschränkungen – in die Theater, Konzertsäle und Kleinkunstbühnen kommen kann, dann kommen die Künstlerinnen und Künstler zum Publikum. Vom 4. August an fahren drei Künstlerinnen und Künstler und ein Kameramann mit dem Fahrrad in Süd-Nord-Richtung von München nach Sylt durch Deutschland und zeigen unterwegs auf verschiedenen Bühnen ein spannendes Programm voller Märchen, Musik und Tanz.

Am Freitag, 28. August, machen die Kulturreisenden um Kim Mira Meyer gegen 17 Uhr mit ihrem rund einstündigen Programm Station auf dem Winkelhof in Müden an der Örtze. Die Tänzer und Schauspieler möchten sich der allgemein spürbaren Unsicherheit mit Liedern, Texten, Tanz und viel Lebensfreude entgegenstellen. Im Zentrum der Aufführungen stehen Chansons der Sängerin Mira, deren neues Album „Fernweh“ im August erscheint. Die Lieder erzählen von Erlebnissen und Begegnungen auf ihrer Reise durch ferne Länder im vergangenen Jahr. Im Winkelhof in Müden wird das Programm von Thomas Matschoss, Schauspieler aus der Lüneburger Region, gelesen und unterstützt. Außerdem gibt es Tanz, Musik und hoffentlich viele spannende Begegnungen mit kulturhungrigen Menschen jeden Alters.


Die Aufführung steht ganz im Sinne von Spontanität und ungewöhnlichen Momenten: Wie und wo die Aufführung auf dem Winkelhof realisiert wird, hängt ganz vom Wetter und der Anzahl der Zuschauer ab. Um die Hygieneauflagen zu Zeiten von Corona erfüllen zu können, ist es zwingend erforderlich, unter Angabe von Namen, Adresse und Telefonnummer einen Platz vorab zu reservieren. Bei schönem Wetter oder leichtem Regen (Regenschirme mitbringen) wird draußen gespielt. Bei Dauerregen können nur die ersten 40 Personen eingelassen werden, da dann die Aufführung im Hofcafé stattfinden wird, ansonsten warten 60 Stühle auf Kulturhungrige.


Der Eintritt ist frei, jedoch freut sich das junge Schauspielerteam auf einen prall gefüllten Hut am Ende der Aufführung, Flaschengetränke können erworben werden. Parkplätze für Autos stehen im Dorf zur Verfügung, Radfahrende können auf dem Hof parken. Platzreservierungen (zwingend erforderlich) sind ab sofort unter Telefon 0176 36582430 oder mit E-Mail an kimmirameyer@icloud.de möglich. Weitere Informationen unter www.momentbuehne.com 



Donnerstag, 6. August 2020

Blühende Blumen, dicke Bohnen und Altmärker Braunkohl

Blick in den Hausgarten des Brümmerhofes

Jarek Kosiello kümmert sich seit vielen Jahren um den Garten des Brümmerhofes. Er könnte noch Helfer gebrauchen.
Foto: Christine Kohnke-Löbert
Gelb und orange leuchtende Ringelblumen setzen fröhliche Farbtupfer. Verspielt ranken sich die Blüten der Kapuzinerkresse aus dem Beet heraus und die zartlila Rose hat einen Ehrenplatz: Sie ist in der Mitte eines kleinen, zentral gelegenen Rondells gepflanzt und nimmt damit im Hausgarten des Brümmerhofes im Museumsdorf Hösseringen einen besonderen Platz ein. Doch Museumsmitarbeiter Jarek Kosiello, der sich seit vielen Jahren um die Gärten und Außenanlagen des Freilichtmuseums kümmert, hat eine andere, weit weniger spektakulär aussehende Pflanze im Blick: „Diesen Braunkohl ziehen wir schon seit mehr als 30 Jahren im Museumsgarten“, erzählt er und weist auf die großblättrigen, jetzt aber ein wenig zerrupft wirkenden Pflanzen. Und dieser Kohl ist tatsächlich etwas ganz Besonderes, denn es handelt sich um eine alte Sorte aus der Altmark, die mit ihrem Anbau im Museumsdorf bewahrt und ansonsten kaum noch kultiviert wird. Deshalb muss der Museumswart den Samen auch selbst ziehen. „Der Braunkohl, in der Lüneburger Heide auch Grünkohl genannt, ist zweijährig“, erzählt er. Erst im zweiten Jahr nach der Aussaat können die Samenkörner geerntet werden, was in diesem Jahr bereits geschehen sei. „Der Altmärker Braunkohl wird bis zu zwei Meter hoch“, erklärt Jarek Kosiello, heutige Sorten kämen da bei weitem nicht mit.

Nicht nur die Besucherinnen und Besucher des Museumsdorfes, sondern auch die Schmetterlinge freuen sich über die Blütenpracht im Garten des Brümmerhofes. Foto: Christine Kohnke-Löbert
Der Hausgarten des Brümmerhofes ist nach Vorbildern aus der Zeit um 1900 angelegt, damals wurden mit dem Aufkommen des Jugendstils auch in ländlichen Gärten symmetrische Formen modern. So ist er in einzelne Areale gegliedert, die von Buchsbaumhecken begrenzt werden. Doch diese machen dem Gärtner Sorgen, denn auch sie bleiben von der grassierenden Pilzkrankheit nicht verschont. Jarek Kosiello hat es durch starkes Zurückschneiden versucht und hier und da schlagen tatsächlich frische grüne Triebe aus. Nun muss abgewartet werden.

Die Kapuzinerkresse wuchert üppig, während die vom Pilz befallenen Buchsbaumhecken kümmern. 
Foto: Christine Kohnke-Löbert
Vorn im Garten sind die Kräuterbeete angelegt, denn auf ihre Küchenkräuter musste die Hausfrau ja schnell Zugriff haben. Basilikum, Thymian, Kresse und Koriander wechseln sich mit Bohnenkraut und Dill ab, bei den Mehrjährigen punkten Lavendel und Rosmarin. Poree, Sellerie, Spinat und Mangold werden ebenfalls angebaut, und hinter Radieschen und Steckzwiebeln leuchten Studentenblumen. Besonders interessant aber sind die „Dicken Bohnen“, denn diese können durch Knöllchenbakterien Stickstoff aus der Luft binden und damit den Boden aufwerten. „Bohnen gehören zu den Leguminosen und wurden wegen ihres hohen Proteingehaltes früher viel angebaut. Heute sieht man die Dicken Bohnen in der Heide nicht mehr oft“, weiß der Museumswart, der von Besucherinnen und Besuchern oft gefragt wird, was denn mit der Ernte passiere. Abgeerntet wird der Garten niemals ganz, denn es ist ja ein Schaugarten für die Museumsgäste. Doch den einen oder anderen Kohlkopf nehmen sich die Gartenhelfer mit. Einen solchen könnte Jarek Kosiello als Unterstützung gerade gut gebrauchen. „Ein lebendiger Garten muss täglich bewirtschaftet werden“, erzählt er, „da sind helfende Hände immer willkommen.“

Bohnen ranken zwischen den Blumenbeeten. Foto: Christine Kohnke-Löbert
Der Besitzer des Brümmerhofs war ein Heidebauer. Mehr über die Heide können die Besucherinnen und Besucher des Museumsdorfes nicht nur in der Dauerausstellung zu dem Thema erfahren, sondern auch bei der Heideführung am Freitag, 21. August. 
Das Museumsdorf Hösseringen hat dienstags bis sonntags von 10:30 Uhr bis 17:30 Uhr geöffnet. Das aktuelle Veranstaltungsprogramm ist auf der Internetseite www.museumsdorf-hoesseringen.de zu finden.